Vor 35 Jahren haben bei einem der schwersten Flugzeugunglücke der deutschen Geschichte 20 Schülerinnen und Schüler der damaligen Ernst-Schneller-Oberschule Schwerin, eine Lehrerin und zwei Betreuer ihr Leben verloren. Sie waren auf dem Rückweg von einer Klassenfahrt nach Minsk, als ihr Flugzeug, eine Tupolew 134 A der sowjetischen Aeroflot, beim Landesanflug auf den Flughafen Schönefeld verunglückte.
Bei dem Flugzeugabsturz am 12. Dezember 1986 starben 72 der 82 Flugzeuginsassen. In dem NDR-Dokumentarfilm „Systemversagen“, der 2018 auf dem Filmkunstfest Schwerin seine Premiere erlebte, zeichnen die Autoren Torsten Mehltretter und Matthias Baerens die teils menschenverachtende Katastrophenbewältigung nach: So durften die Angehörigen die Absturzstelle nicht besuchen, blieben viele ihrer Fragen unbeantwortet. Statt dessen begannen offizielle und inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit noch in der Unglücksnacht mit der „Betreuung" der geschockten Angehörigen, brachten Überlebende, Hinterbliebene und Journalisten auf Kurs, um Kritik an der Sowjetunion schon im Keim zu ersticken.
Die Landeshauptstadt Schwerin zeigt die 45-minütige Dokumentation „Systemversagen“ in Kooperation mit dem Verein Politische Memoriale e.V. am 3. Dezember um 18.30 Uhr im Atrium des Bildungs- und Bürgerzentrums „Campus am Turm“. „Auch wenn das Unglück mehr als drei Jahrzehnte zurückliegt, finde ich es wichtig, dass die Aufarbeitung dieser Ereignisse nicht hinter verschlossen Türen stattfindet. Gleichzeitig darf die Trauer der Angehörigen aber auch nicht erneut für ideologische Zwecke vereinnahmt werden“, betont Oberbürgermeister Rico Badenschier.
Zur Filmvorführung kommt auch der Schweriner Journalist und Autor Matthias Baerens. Der Moderator Thomas Naedler wird mit ihm über neue Ergebnisse aus den Recherchen für sein Buch „Trauer unter Kontrolle" sprechen, das 2022 erscheinen wird. In dieser Dokumentation geht es um die genauen Gründe des Flugzeugabsturzes und die Art und Weise, wie der DDR-Staat mit den Betroffenen des Unglücks danach in Schwerin und anderen Orten der DDR umgegangen ist. Interessierte Bürgerinnen und Bürger können sich per E-Mail oder telefonisch zur Veranstaltung anmelden. Die Anmeldungen nimmt Jacqueline Saß unter 0385 5451002 oder protokoll@schwerin.de entgegen. Für den Zutritt zur Veranstaltung gelten die 2G-Regelungen, d.h. Besucherinnen und Besucher müssen einen Nachweis vorlegen, dass sie entweder genesen oder geimpft sind.
Aus Anlass der 35. Wiederkehr des Flugzeugunglücks lädt die Landeshauptstadt Schwerin außerdem am 12. Dezember um 14 Uhr auf dem Waldfriedhof Schwerin zu einem stillen Gedenken ein. Stadtpräsident Sebastian Ehlers wird im Namen der Stadt ein Blumengebinde am Gedenkstein niederlegen. Die Gedenkstätte wurde 2012 an der Hauptwegekreuzung des Waldfriedhofs erreichtet. Damit kam die Stadt dem Wunsch vieler Angehöriger nach, auch in Schwerin einen zentralen Ort der Trauer und des Gedenkens für die Opfer des Flugzeugabsturzes einzurichten.