Oberbürgermeister Rico Badenschier hat angesichts der jüngsten Diskussionen um die Ansiedlung des Onlineversandhändlers Amazon vor einer Wirtschaftsfeindlichkeit in Teilen der Schweriner Stadtgesellschaft gewarnt: „Heute regt sich Protest gegen eine Ansiedlung im Niedriglohnsektor, vor gut 2 Jahren gab es Widerstand gegen Investitionspläne in der Hochtechnologie. Unser gemeinsames Ziel muss die weitere Aufwertung unseres Wirtschaftsstandortes sein, nicht das Verprellen von Investoren“, sagte der Oberbürgermeister.
2018 sei der Lübecker Investor Matthias Goeke durch eine Negativ-Kampagne abgeschreckt worden – seine IGB Goeke Technology Group hatte sich für das Grundstück des ehemaligen Straßenverkehrsamtes am Ziegelsee interessiert. Der Roboterbauer wollte am Ziegelsee und im Industriepark insgesamt 100 Arbeitsplätze schaffen, in der Entwicklung und Fertigung.
Die Entscheidung, nicht in Schwerin zu investieren, machte das Unternehmen an der politischen Situation in den Gremien der Stadtvertretung, der knappen Mehrheit und der öffentlichen Diskussion samt diffamierenden Kommentaren auf privaten Internetseiten sowie in sozialen Medien fest. Inzwischen wurden nach Angaben des Unternehmens statt in der Landeshauptstadt mehr als 5 Millionen Euro in die Standorte in Neuenrade und Lübeck investiert.
„Jetzt wird die Amazon-Ansiedlung mit der Forderung in Frage gestellt, den Verkauf einer Gewerbefläche an tarifvertragliche Auflagen zu knüpfen. Tarifverträge lassen sich nicht über Grundstücksverkäufe erzwingen. Tarifverträge werden von starken Gewerkschaften und ihren Mitgliedern durchgesetzt, die Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung wenn nötig in Tarifauseinandersetzungen einfordern. Die 130 Arbeitsplätze im Amazon-Verteilzentrum sind wichtig für Schwerin und sie sind wichtig für diejenigen Menschen ohne Facharbeiterausbildung und Studium, die derzeit in der Landeshauptstadt keinen Arbeitsplatz finden.“
Der weltweit tätige Logistikkonzern Amazon will ein neues Verteilzentrum im Industriepark Schwerin errichten. Auf einer Fläche von 55.000 m² sollen ab nächstem Jahr Pakete empfangen, sortiert, verladen und an die Kunden ausgeliefert werden. Amazon wäre das zehnte Unternehmen, welches sich im Industriepark ansiedelt. Vor allem die guten verkehrlichen Bedingungen und die Anbindung an Bundesstraßen und Autobahnen haben das Unternehmen bewogen, im Industriepark zu investieren. Das Unternehmen investiert nach eigenen Angaben ca. 22 Mio. Euro in den Neubau des Verteilzentrums mit einer Nutzfläche von 8.000 m² in technische Anlagen Büros, Logistik- und Außenflächen. Das Verteilzentrum soll im Herbst 2022 eröffnet werden. 130 Arbeitsplätze, in Spitzenzeiten 190 Arbeitsplätze sollen entstehen, davon 20 im Standortmanagement.
Der in der Verkaufssache zuständige Hauptausschuss der Stadtvertretung hat bereits einstimmig für den Verkauf votiert. „An dieses einstimmige Votum fühlen sich Stadtverwaltung und Oberbürgermeister gebunden“, sagte Badenschier.